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Ein kleines bisschen Vorgeschichte

zu diesem Blog-Eintrag kann ich Dir leider nicht ersparen:

Seit ca. 2 Jahren habe ich mein Interesse an der analogen Fotografie wiederentdeckt. Ich habe das Fotografieren in den 80er Jahren gelernt. U.a. am Gymnasium in einer AG mit eigenem Labor usw. Da habe ich auch das selbst Entwickeln und Abzüge erstellen gelernt. Und natürlich durch meinen Vater. Zu meiner Konfirmation hatte ich von meinen Eltern die erste eigene Kamera meines Vaters geschenkt/vermacht bekommen, ein Pentax Spotmatic II, mit drei Objektiven, Aufsteckblitz und Tasche. Die Fotografie wurde ein Hobby von mir, ich hatte sehr viel Spaß damit, aber die ganz große Liebe wurde es damals noch nicht, und ca. Anfang der 90er ist das Thema dann erst einmal bis zum Jahr 2008 so ziemlich eingeschlafen. Ich lernte meine heutige Frau kennen, eine passionierte Hobbyfotografin zu dem Zeitpunkt, mit einigem Erfolg bis hin zu eigenen Ausstellungen in ihrer Heimat Portugal. Sie hat mich dann so richtig mit dem Fotografie-Virus infiziert. Heute ist sie Berufsfotografin in Deutschland. Aber all das ist eine andere Story.

Ich habe 2008 natürlich gleich digital weitergemacht und erst ca. 2022, ohne den großen Hype, der seit Jahren um die analoge Fotografie existiert, das Thema erst einmal für mich selber wieder entdeckt. Der Grund war, dass ich von meiner Mutter zwei analoge Kameras meines Vaters geschenkt bekommen habe. Eine Nikon F3/T und eine Nikon F4, mit zwei Nikkor Objektiven. Diese wollte ich testen, habe dann ein bisschen mit der F3/T im Urlaub fotografiert und auch meine alte Pentax wieder fit gemacht und genutzt. Funktioniert alles noch tadellos. Wertarbeit!

Damit habe ich auch angefangen, mich ein bisschen mit Filmen (was es da heute so gibt) und Laboren in Deutschland bzw. Optionen der Entwicklung und dem Scannen zu beschäftigen. Allerdings alles aus Zeitgründen in sehr homöopathischen Dosen. Ich will hier auch nicht abschweifen…

Analog-Fotografie am Nürburgring - ein ExperimentEine „letzte“ Kamera, die von Nico’s und meinem Vater noch „übrig“ war, war seine Leica M6 mit drei Objektiven. Diese habe ich im Mai dieses Jahres unserer Mutter abgekauft und mir damit einen echten Traum erfüllen können. Auch dazu gibt es eine umfangreiche Geschichte, die aber ebenfalls nicht das Thema dieses Artikels ist.

Schon vor längerer Zeit reifte die Idee in mir, doch einmal eine Analog-Kamera zum Ring mitzunehmen. Entweder als Ergänzung zu dem „normalen“ digitalen Kram (semi-gute Idee, Gewicht und Aufwand sehr hoch), oder einmal zu sagen, ich fotografiere rein analog und konzentriere mich nur darauf. Dazu fielen mir z.B. die Oldtimer-Veranstaltungen ein, fand ich ganz passend. Bisher hatte ich das aber nie realisieren können, Wetter, Camping, was auch immer, sprach immer für digital.

Dann stand dieses Jahr die Tour zum Ring mit meiner Tochter an, den Bericht dazu findest Du hier. Es war der Plan, an diesem Tag alles noch relaxter als sonst, völlig entschleunigt zu machen. Eine „kleine“ Veranstaltung, viel Platz, und dann kam die Wettervorhersage und die war ganz ganz hervorragend. Also habe ich mich entschieden, diesen Besuch am Ring einmal zu nutzen und wirklich nur analog zu fotografieren.

Ich merke schon, der Artikel wird schon wieder zu lang, dabei hätte ich noch so viel dazu zu erzählen.

Ich entschied mich also, eine „Challenge“ für mich selber zu machen und die Leica M6, zusammen mit einem 35, 50 und 90mm Objektiv (alles Leica Objektive) in meinen Rucksack zu packen. Ich hatte die Kamera im Sommer mit nach Portugal genommen und da meine ersten Fotos gemacht. Vor vielen Jahren hatte ich mich eigentlich gedanklich von dem Thema Leica generell verabschiedet. Zum einen wegen der Kosten, aber auch weil ich bei einem Versuch mit einer Kamera eines Bekannten mit dem Messucher im Jahr 2011 so gar nicht klar kam. Allerdings hatte ich mich auch weder damals noch später groß damit beschäftigt. Als Besitzer einer Leica-Messucherkamera habe ich dies dann aber natürlich sehr wohl getan. Und gemerkt, wie geil das System eigentlich ist. Viel Übung hatte und habe ich aber nicht. Zeit….

Aus Portugal war noch ein Film in der Kamera, ein Kodak Gold 200. Dazu habe ich dann noch einen Kodak Ektar 100 sowie einen Ilford Delta 100 eingepackt und die auch komplett verschossen.

Ach, eines noch: Die Leica lag über 10 Jahre (!) im Tresor und wurde, bis ich sie mit nach Portugal nahm, nach dem Tod meines Vaters nie wieder genutzt. Dementsprechend hatte ich meine Zweifel und wusste nicht, ob alles in Ordnung sein würde (deshalb auch die Wahl eher „günstigerer“ Filme zum Testen). Eine Revision der vier Teile bei Leica hatte ich bisher nicht gemacht, die steht aber -so oder so- noch an (zu den Ergebnissen gleich mehr). Und zum Zeitpunkt der Nürburgring-Tour mit der Leica hatte ich auch noch keinen Film zum Entwickeln gebracht, hatte also noch gar keine Ahnung, wie die Ergebnisse sein würden. Optische Begutachtung durch mich und einen mir bekannten Leica-Experten sowie Funktionstests ließen aber schon bei Übernahme der Kamera im Mai Gutes erahnen.

Am Ring habe ich die Kamera dann auf der T3 herausgeholt und umgehängt und gleich angefangen, Fotos zu schießen. Was soll ich sagen, es war ein unvergessliches Erlebnis! Ich habe bewusst in Kauf genommen, Mist zu produzieren. Keine Übung, keine Erfahrung, aber Hauptsache Leica :-D

Ich kann sagen, die mangelnde Übung machte sich natürlich bemerkbar. Ich war langsam, nicht intuitiv, musste immer etwas überlegen, was ich da jetzt gerade mache. Aber es war eines der schönsten fotografischen Erlebnisse, dass ich je hatte. Nicht nur, die Leica meines Vaters zum Nürburgring zu bringen auf der emotionalen Seite, oder die erste Tour mit meiner Tochter in Kombination, sondern einfach das Fotografieren also Solches! Die Haptik, das ganz spezielle Klack des Verschlusses, dieses Erlebnis mit einer meiner Traumkameras an einem meiner Lieblings-Orte auf der Welt zu fotografieren, für mich war es perfekt! Und eigentlich waren mir die Ergebnisse in dem Moment auch egal. Selten hatte ich so einen Spaß am Fotografieren gehabt.

Ich habe an dem Tag erst das 35mm, dann das 50mm eingesetzt, verrückterweise das 90mm gar nicht. Im Rückblick vielleicht etwas doof. Die Filme hatte ich schon erwähnt. Das Wechseln der Filme, trotz auch hier mangelnder Übung, ging mir aber von der Hand, als hätte ich das schon 100x gemacht. Ist echt easy und ich verstehe nicht, warum hier im Internet so ein Theater drum gemacht wird…. Meine Tochter hat dann auf der T4 auch einmal mit der Leica fotografieren wollen (und natürlich dürfen). Sie kannte nicht-digitale Kameras gar nicht…. Aber hatte auch ihren Spaß daran!

Was mir noch auffiel: am Nürburgring wird schon immer gerne geguckt, was der andere denn da so zum fotografieren in der Hand oder umhängen hat. Ich will natürlich nicht von Sch****-Vergleichen sprechen, aber das Gegucke ist manchmal schon ein Thema. Ich bin es auch gewohnt, dass viele gerne auf meine R5 mit L-Linsen schauen, vor allem die weißen. Mein Eindruck war aber überraschenderweise, dass, obwohl ja nicht viele Leute und damit Fotografen an dem Tag da waren, auf die Leica noch viel mehr geschaut wurde, nur anders. Wohlwollend, interessiert. Aber vielleicht habe ich mir das auch nur eingebildet, so oft habe ich da auch nicht drauf geachtet. Und unterm Strich ist es auch unwichtig….

Zu den Ergebnissen:

Wie gesagt wusste ich ja nicht, ob Kamera und Objektive wirklich komplett in Ordnung sind. Ich entschied mich daher, die drei Filme zu Mein Film Lab zu schicken, um sicherzustellen, die beste und eine neutrale Entwicklung bzw. Scans und Abzüge zu erhalten. Dies ist zwar ehrlich gesagt sauteuer, aber an dieser Stelle war es mir das absolut wert. Mittlerweile lasse ich nur noch die Filme zu Negativen entwickeln und scanne selbst. Auch das ist wieder eine Story für sich.

Schon nach ein paar Tagen konnte ich die digitalen Scans von Mein Film Lab herunterladen, ging echt schnell. Und siehe da, endlich konnte ich die Ergebnisse einsehen.

  • War ich happy? Und wie!
  • Sind die Fotos super? Nö, aber das brauchten sie ja auch nicht.
  • Aber sind die Fotos denn OK? Ich liebe sie! Mach Dir Dein eigenes Bild.
  • Kann man irgendwelche technischen Probleme der Kamera oder Objektive auf den Fotos erkennen? Ich nicht. Du denn?
  • Habe ich etwas aus diesen ersten Ergebnissen gelernt? Jede Menge!

Eine Messucherkamera ist halt etwas anders. Ich bin vom Autofokus meiner Canon R5 oder der R6 Mark II mehr als verwöhnt. Das ist ja fast schon Cheating. Wobei ich das aufgrund meiner massiven Augenprobleme als erlaubt ansehe, mich einfach nahezu blind (ha, no pun intended) auf den Autofokus zu verlassen. D.h. analog das richtige (und vor allem schnelle) Fokussieren muss ich besser machen. Bildausschnitt /- komposition müssen besser werden, mit Brille und eben meinen Augenproblemen ist das im Sucher so für mich nicht optimal, trotz der Rahmenlinien der Leica im Sucher selber. Und ich habe mich daran erinnert: analog auf die Schatten belichten vs. digital auf die Lichter belichten. Sieht man auch. Sieht aber teilweise trotzdem cool und fast wie beabsichtigt aus…

Die Fotos, die Ihr in der Galerie seht, sind die vollständigen Ergebnisse vom Nürburgring. Und zwar ganz bewusst 1:1 so, wie ich sie von Mein Film Lab bekommen habe. Ich habe absolut Null nachbearbeitet (was ich vielleicht auch bei analogen Fotos hier und da tun würde, Dinge wie Beschnitt oder Horizont ungerade, vielleicht minimal Kontraste, mehr aber bei analogen Fotos nicht!). Ihr könnt Euch also gerne einen ehrlichen Eindruck von meinem allerersten Versuch mit einer Analog-Kamera am Nürburgring machen. Nur aus Fehlern lernt man. Und ich selbst mag die Ergebnisse, genau so wie sie sind, eben weil sie so sind wie sie sind!

Die Warterei auf die Fotos hat sich dann auch gelohnt, die Abzüge von Mein Film Lab sind wundervoll. Stört mich, dass ich lange auf Fotos warten muss und immer den Film voll machen muss usw.? Einerseits schon, aber andererseits macht es auch den Charme der analogen Fotografie aus. Auf die ganzen Pros und Cons gehe ich hier und jetzt aber auch nicht ein, abermals eine ganz eigene und sehr große Story für sich. Und habe ich schon mal auf die Rückseite meiner analogen Kamera geschaut, um das Foto direkt auf dem Display zu sehen? Ich doch nicht….

Würde ich noch einmal analog am Nürburgring fotografieren?

Man würde vermuten, dass ich sofort Ja sage. Tatsächlich kann ich mich zu einer klaren Aussage gar nicht entscheiden. Wenn die Umstände und das fotografische Ziel stimmen dann ja. Für diese Art von Fotografie, die wir am Ring machen, bietet die aktuelle Generation digitaler Kameras und passender Objektive schon enorme Vorteile, und die nutze ich und weiß ich sehr zu schätzen. Ich möchte dieses Erlebnis vom 22.09.2024 nicht mehr missen. Würde ich es noch einmal versuchen, hätte ich sicher schon eine bessere Vorstellung dessen, was auf mich zukommen würde. Mal schauen, was die fotografische Zukunft so bringt. Jetzt habe ich erst einmal ein paar andere analoge Projekte, und Zeit habe ich dann am Ende ja doch nie. Aber bei dem Spaßfaktor den mir das gebracht hat, ja klar, doch, eigentlich würde ich das gerne noch einmal versuchen, irgendwann…

Cheers
Chris

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